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Rede Parl StS Simtje Möller

Festung Ehrenbreitstein


Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Hering,

Werte Kolleginnen und Kollegen aus Bund und Ländern,

Sehr geehrter Herr Inspekteur des Heeres Generalleutnant Mais,

Sehr geehrter Herr Generalleutnant a.D. Kammerer,

Sehr geehrte Herren Generale,

Liebe Soldatinnen und Soldaten,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Esteemed guests,





Ich freue mich sehr, Sie anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Einweihung des Ehrenmals des
Deutschen Heeres hier auf der Festung Ehrenbreitstein begrüßen zu dürfen.
Dieser Ort ist ein ganz besonderer in der Geschichte unserer Landstreitkräfte, wirkten hier
doch schon bedeutende Persönlichkeiten wie Clausewitz, Gneisenau und Moltke.
Es war Letzterer, der den Zweck des Deutschen Heeres in einem Ausruf zusammenfasste:
„Frei ist nur das Volk, das stark genug ist seine Freiheit zu behaupten.“

Diesem Leitsatz Moltkes folgend dienen Sie, - dient das Deutsche Heer, der Bundesrepublik Deutschland.
Denn „in Freiheit leben“ ist kein Naturgesetz. Diese Wahrheit wird uns seit einigen Monaten
eindrücklich vor Augen geführt – es herrscht wieder ein grausamer Krieg in Europa.

Gerne hätte ich unter anderen Umständen zu Ihnen gesprochen, aber der Freiheitskrieg der
Ukraine unterstreicht die Bedeutung unseres Heeres für die Verteidigung von Recht und
Freiheit des Deutschen Volkes.
Unsere Gedanken sind deshalb heute bei all denen, die im Dienst für unser Land den höchsten
Preis zahlen mussten,
- bei den Toten und ihren Hinterbliebenen,
- bei den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft.

Ihr Vermächtnis ist, dass ein Leben in einem freiheitlichen, rechtsstaatlichen und
demokratischen Land von Wert ist, wehrhaft verteidigt zu werden.


Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wenn mein Blick so durch die hier versammelte Menge schweift, dann schaue ich in die Augen
von erfahrenen Soldaten, die ihrem Land lange und treu gedient haben.
Sie kennen die Bedrohungen, denen wir heute gegenüberstehen, haben Sie doch maßgeblich
zur Abschreckung im Kalten Krieg beigetragen und ein modernes Deutschland mitaufgebaut.
Dafür sind wir Ihnen in tiefer Dankbarkeit verpflichtet.

Aber ich blicke auch in junge Gesichter, eine neue Generation, die Verantwortung für
Deutschland übernimmt und wie ich vom Kalten Krieg nicht mehr maßgeblich geprägt wurde.
Sie haben sich dem Dienst im Deutschen Heer verpflichtet, als die Freiheit Deutschlands noch
vor allem am Hindukusch verteidigt und Krieg in Europa eine Abwegigkeit war.

Mit der Zeitenwende und unserer Rückbesinnung auf Landes- und
Bündnisverteidigung kommen auf uns alle ganz neue Herausforderungen zu.
Zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges müssen wir uns wieder ernsthaft mit
einem Szenario LV/BV auseinandersetzen.
Der Auftrag an unsere Streitkräfte ist eindeutig, steht er doch im Diensteid: das Recht und die
Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr Ihnen Gott helfe.
Wir wissen alle, dass die Bundeswehr für die Erfüllung dieses Auftrags ein starkes Deutsches
Heer braucht.
Ein Umdenken nach dem Zweiten – und dem Kalten – Krieg war dafür notwendig in der
Gesellschaft, aber auch in der Bundeswehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Deutschland ist nämlich kein Frontstaat mehr. Die in Zeiten des Kalten Krieges erwarteten
Panzerschlachten in der norddeutschen Tiefebene sind somit glücklicherweise
unwahrscheinlich geworden.
Ein modernes Heer – und das war das Deutsche Heer bereits vor dem „Zielbild Einsatzkräfte
Heer“ – denkt und kämpft also nicht mehr nur in geographischer Dislozierung, sondern zeitgleich
und koordiniert in mehreren Dimensionen.
Denn wenn die hybride Kriegsführung zur Norm wird, dann braucht die Politik eine Bundeswehr,
die rasch und bruchfrei dimensionsübergreifend und im gesamten Spektrum bestehen kann.
Nur so können wir unsere Freiheit heutzutage im kameradschaftlichen Schulterschluss mit
unseren Bündnispartnern bis an die Grenzen des Baltikums und Cyberraums verteidigen.
Die Freiheit Deutschlands ist die Freiheit Europas, die Freiheit Europas ist die Freiheit
Deutschlands.


Was für uns mittlerweile als selbstverständlich erachtet wird, wäre zu Zeiten von Clausewitz,
Gneisenau und Moltke – nein, bei der Errichtung dieses Ehrenmals vor 50 Jahren noch in dieser
Art undenkbar gewesen.
Denn das deutsche Landstreitkräfte wirken, wo sich die Wehrmacht des millionenfachen
Massenmords mitschuldig gemacht hatte, wäre ein untragbarer Tabubruch gewesen.
Doch heutzutage wird das Deutsche Heer im Ausland nicht nur akzeptiert, sondern
ausdrücklich herbeigewünscht.
Überzeugen Sie sich selbst.
- Schauen Sie zu Ihrer Rechten,
- schauen Sie zu Ihrer Linken,
- schauen Sie, mit wem Sie Schulter an Schulter hier sitzen.

Die Anwesenheit so vieler ausländischer Offiziere ist Ausdruck ihrer Wertschätzung für
das Deutsche Heer und Beweis für den tiefgreifenden Wandel, der seit dem Ende des
Zweiten Weltkrieges stattgefunden hat.


Esteemed guests,

I am deeply moved by your presence at this ceremony.
In doing so, you are paying your respects not only to the German Army and its dead, but to the
entire German people.
This memorial is a place of mutual respect – of encounter between peoples who once fought
each other on the battlefield and today fight side by side.
Because the legacy of the dead – peace – belongs to all of us and can only be achieved in unity.

Your presence underlines this fact – thank you!


Diese Versöhnung - dieses Zusammenwachsen - war aber in keiner Weise selbstverständlich,
sondern setzte ein ehrliches Umdenken in unseren Streitkräften und in unserer Gesellschaft voraus.

Dieses Ehrenmal wurden 1972 ganz bewusst den Toten der deutschen Landstreitkräfte in beiden
Weltkriegen gewidmet. Ein kompliziertes Erbe.
Denn das Deutsche Heer im Kaiserreich und die Wehrmacht waren willige Komplizen der
Unfreiheit. Sie formten den Staat im Staate, der die Soldaten als Kanonenfutter entmenschlichte.

Wir distanzieren uns ganz bewusst von diesen Institutionen und den Soldaten, die bereitwillig
die Unfreiheit der Tyranneien mitgetragen haben.
Denn schon Bismarck erkannte, dass es keine Handlung gibt, für die niemand verantwortlich wäre.
Diesem Gedanken folgt der Traditionserlass von 2018 in absoluter Eindeutigkeit: diese Taten sind
für unsere Bundeswehr nicht traditionsstiftend.


Warum, nein, wofür halten wir dann am Ehrenmal des Deutschen Heeres in dieser Form
seit mehr als 50 Jahren fest?


Für die Würdigung des Menschen unter der Uniform, denn „Ihr Vermächtnis: Frieden“ ist
eine ganz klare Aufforderung an Politik, Gesellschaft und Deutsches Heer.
Immerhin sind es unsere Heeressoldatinnen und -soldaten, die auf den letzten einhundert Metern
zu Fuß gehen und unmittelbar, hautnah bei der Bewältigung von humanitären Katastrophen
betroffen sind.
Sie sind eben nicht mehr nur „deutsche Soldaten,“ sondern unsere Mütter und Väter,
- Söhne und Töchter,
- Nachbarn und Freunde.

Als solche ist die gesamte Bundesrepublik an Ihrem Schicksal mitbeteiligt. Wir tragen für Sie
Verantwortung,
- auch das ist Parlamentsarmee,
- auch das ist 67 Jahre Deutsches Heer.
Die Deutschen und ihr Heer - das ist eben keine Geschichte mehr von „Zwei“, sondern von „Einem.“


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Diese Entwicklung haben wir zu großen Teilen Ihnen zu verdanken, den hier anwesenden
Soldaten und denen, die vor Ihnen gegangen sind.
Sie haben aus den Schrecken der Weltkriege Ihre Lehren gezogen und sich unermüdlich für ein
Deutsches Heer eingesetzt, das aus der Gesellschaft kommend in die Gesellschaft
wächst – Staatsbürger in Uniform eben.


Diese Entwicklung hat maßgeblich zur Akzeptanz des Deutschen Heeres und somit der
Bundesrepublik Deutschlands in Europa beigetragen.
Diese Leistung, meine Damen und Herren, ist Ihr Vermächtnis und somit identitätsstiftend für das
Deutsche Heer und die gesamte Bundeswehr. Auch dafür gilt Ihnen unser Dank.


Wir tragen dieser Entwicklung mit einer eigenen Stele für die Toten des Deutschen Heeres der
Bundeswehr im Einsatz für Frieden, Freiheit und Recht ganz bewusst Rechenschaft.
Denn so schlagen wir mit diesem Ehrenmal eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der
Gegenwart, die als Mahnung an uns alle auch zukünftig wirken soll.


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Der vielbeschworene Wahlspruch der Offizierschule des Heeres in Dresden,
„In Freiheit dienen!“ hat Generationen von Offizieren vor Ihnen geprägt.
Die Verteidigung von Frieden, Recht und Freiheit in Deutschland und Europa sind somit der
identitätsstiftende Gedanke des Deutschen Heeres.

Lassen Sie uns sicherstellen, dass auch noch Generationen nach Ihnen diesen Wahlspruch
und dieses Ehrenmal als Aufforderung verstehen, das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes
tapfer zu verteidigen, notfalls mit Ihrem Leben. Dies ist i/Ihr Vermächtnis, - dies ist unser Vermächtnis.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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Erstellt von: system letzte Änderung: Donnerstag, 15. Juni 2023 [14:28:35] von btheus